Auch wenn es wettermäßig gerade nicht danach aussieht: Der Sommer ist da und für viele Leute bedeutet das vor allem eines: Reisen und Reisefotografie. Reisefotografie ist nicht nur interessant, sondern auch prestigeträchtig. National Geographic und Lonely Planet sind bekannte Größen in diesem Bereich, aber auch in den sozialen Medien, vor allem Instagram, haben Reisefotografen einen festen Platz gefunden. Manche Fotografen haben sich sogar ein recht einträgliches Auskommen geschaffen, denkt man zum Beispiel an Murad Osmann, der mit der Serie „Follow me to“ einen wahren Instagram-Reisefoto-Hype ausgelöst hat und mehr als 4 Millionen Follower hat.
Dies vor Augen ist es sehr leicht nachvollziehbar, dass immer mehr Fotografen unterwegs nicht nur für das private Album fotografieren, sondern die Bilder nachträglich auch kommerziell verwenden wollen und dauerhaft auf der Jagd sind nach dem perfekten Reise- oder Urlaubsbild. Aber andere Länder, andere Sitten: Nicht in jeder Situation ist es wirklich empfehlenswert, den Auslöser zu drücken, manchmal ist das sogar sehr unangebracht. Deshalb sollte ein Fotograf ganz besonders sorgfältig arbeiten, wenn er sich im Ausland aufhält.
Sobald Fotos in der Öffentlichkeit aufgenommen werden, kommt schnell die Frage nach dem Schutz der Privatsphäre auf. Auf europäischer Ebene sind alle Menschen durch Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonventionen vor Eingriffen in ihre Privatsphäre geschützt. Deshalb kann man sich als Faustregel merken, dass Fotos von Personen, die in der Öffentlichkeit erkennbar in einer herabwürdigenden oder sehr privaten Situation abgebildet werden, eher nicht veröffentlicht werden sollten. Dabei wird die Frage der Privatsphäre aber in den Ländern unterschiedlich bewertet. Griechenland beispielsweise unterscheidet stark zwischen der öffentlichen und der privaten Sphäre. Bahnhöfe werden beispielsweise der öffentlichen Sphäre zugeordnet, in der fotografiert werden darf. U.a. in der Schweiz dagegen kann bereits das Fotografieren selbst eine Persönlichkeitsrechtsverletzung sein, gegen die sich der Betroffene zur Wehr setzen darf. In Japan wiederum gehört es zum guten Ton, dass man eine Person, die ihre Einwilligung zur Abbildung nicht erteilt hat, auf einem Foto unkenntlich macht. Ganz besonders sensibel sollte man hier vorgehen, wenn Kinder fotografiert werden. Und in Großbritannien hat ein Gericht entschieden, dass ein Kind, das nicht in die Veröffentlichung der Fotografie eingewilligt hat, selbst dann in seiner Privatsphäre verletzt ist, wenn seine Eltern bei der Erstellung der Fotografie anwesend waren.
Aber auch kulturelle Unterschiede sollten stets beachtet werden. In Thailand ist es beispielsweise absolut verboten, den Smaragd-Buddha (Wat Phra Kaew) zu fotografieren – er ist einfach zu heilig. Tatsächlich ist er sogar so heilig, dass ihn nur der König berühren darf. An vielen Örtlichkeiten auf der Welt herrscht bereits ein Selfie-Stick-Verbot, sogar in bestimmten Bereichen der Urlaubsschnappschuss-Hochburg Japan. Die Begründung: Der Selfie-Stick stelle in der Öffentlichkeit häufig ein erhöhtes Sicherheitsrisiko dar. In Japan gilt das Verbot u.a. in Zügen, da Touristen gerne den Stick aus einem geöffneten Zugfenster halten und so mit dem Stick Bahnkabel treffen können. Dieses wiederum könne zu Zugausfällen führen. Und dann ist da noch der Ort Chamula in Mexiko. Hier glauben die Menschen immer daran, dass das Fotografieren würde ihre Seele rauben. In der örtlichen Kirche San Cristobal de Las Casas darf man sich noch nicht einmal Notizen machen.
Fazit: Bevor man also die Reise fotodokumentarisch im großen Stil festhalten möchte, empfiehlt es sich, vorab ein wenig die örtlichen Gegebenheiten zu recherchieren und sich mit der Rechtslage vertraut zu machen. Oftmals reicht aber schon ein wenig Fingerspitzengefühl und Empathie für die Menschen vor Ort, um die schlimmsten Fauxpas
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