Wer Gebäude, Kunstwerke, Graffiti oder Plakate an öffentlichen Orten fotografiert und die Aufnahmen dann veröffentlicht, wird sie kennen und sich gerne auf sie berufen – die Panoramafreiheit. Kürzlich beschäftigte diese auch den Bundesgerichtshof: Er stärkte durch seine Entscheidung vom 27.04.2017 (Az. I ZR 247/15) die Rechte von Fotografen.
Panoramafreiheit – Was heißt das?
Dass die Verwertung eines Werkes originär dem Urheber zusteht, also nur der Urheber sein Werk vervielfältigen, verbreiten oder im Internet zugänglich machen darf, dürfte allgemein bekannt sein. Will ein Dritter das Werk verwenden, braucht er die Zustimmung des Urhebers. Dieses originäre Recht wird jedoch durch die Panoramafreiheit eingeschränkt. Sie bestimmt, dass Werke, die dauerhaft an öffentlichen Plätzen installiert sind, fotografiert und verbreitet, also veröffentlicht, werden dürfen. Die Einwilligung des Urhebers ist somit nicht erforderlich. Es spielt auch keine Rolle, ob die Verwendung ausschließlich zu privaten Zweck geschieht oder eine kommerzielle Nutzung erfolgt.
Doch schauen wir uns dieses einmal genauer an: Unter Werken versteht man alles, was urheberrechtlichen Schutz genießt. Dieses können beispielsweise Gebäude, aber auch Denkmäler, Graffiti, Laternen, Plakate, Installationen oder Skulpturen sein. Vorausgesetzt, das Werk wurde nach dem Willen des Urhebers dazu bestimmt, bleibend, also dauerhaft, aufgestellt zu sein, ist das einschränkungslose Fotografieren gestattet. Ist eine Installation jedoch von Anfang an zeitlich begrenzt, so greift die Panoramafreiheit nicht! Als die Künstler Christo und Jeanne-Claude 1995 beispielsweise den Berliner Reichstag verhüllten, konnten sich Fotografen bei der Abbildung (und wichtiger – bei dem Verkauf der Abbildungen) nicht auf die Panoramafreiheit berufen. Die Installation war von Beginn an für nur etwa zwei Wochen geplant und somit nicht “bleibend” im Sinne des Gesetzes.
Eine weitere Voraussetzung für das einschränkungslose Fotografieren, ist, dass das abgebildete Werke vom öffentlichen Grund aus ohne Hilfsmittel (z.B. Leitern, Drohnen oder Teleobjektive) einsehbar ist. Ob das Werk selbst auf öffentlichem Boden steht, spielt hingegen keine Rolle. Eine Statue, die in einem privaten Garten steht, darf man beispielsweise durch einen Zaun hindurch fotografieren – vorausgesetzt diese ist ohne weitere Hilfsmittel sichtbar. Wenn man das Foto jedoch von Privatgrund aus, z.B. aus einer gegenüberliegenden Wohnung, ablichtet oder eine Leiter nutzt, um über einen Zaun schauen zu können, kann man sich nicht auf die Panoramafreiheit berufen. Denn die Panoramafreiheit schützt ausschließlich die einfache Straßenperspektive.
Doch wie hat der BGH die Panoramafreiheit gestärkt?
Gegenstand des BGH-Verfahrens war die Bemalung eines Schiffs – genauer: der markante Kussmund eines AIDA Kreuzfahrtschiffs. Die aufwändige Gestaltung der Schiffe der Reederei AIDA Cruises genießt urheberrechtlichen Schutz. Diesen Schutz wollte die Reederei gegen einen Reiseveranstalter durchsetzen, der seine Ausflüge mit der Abbildung eines AIDA Kreuzfahrtschiffes bewarb. In diesem Zusammenhang musste der BGH sich mit der Frage auseinandersetzen, ob die Panoramafreiheit nur für Werke gilt, die an einem festen öffentlichen Platz installiert sind, oder auch für solche, die ihre Position von Zeit zu Zeit wechseln. Der BGH entschied sich für letzteres. Ein Werk befindet sich bleibend auch an wechselnden Orten, wenn es aus Sicht der Allgemeinheit dazu bestimmt ist, für längere Dauer dort zu sein. Dies ist bei Kreuzfahrtschiffen, die dazu bestimmt sind, längere Dauer auf der Hohen See, im Küstenmeer, auf Seewasserstraßen und in Seehäfen eingesetzt zu werden, genauso der Fall, wie bei anderen Fahrzeugen, die im öffentlichen Straßenverkehr unterwegs sind.
Unser Fazit: Neben den bekannten Voraussetzungen der Panoramafreiheit, nämlich dass ein Werk dauerhaft installiert sein muss und es ausschließlich aus der einfachen Straßenperspektive abgelichtet wird, ist nun klar, dass es keine Rolle spielt, ob ein Werk hin und wieder woanders zu sehen ist. Hauptsache, es ist grundsätzlich dauerhaft angebracht und von öffentlichen Plätzen einsehbar.
Weitere Schutzrechte, die es beim Fotografieren zu beachten gilt, haben wir im Blogbeitrag “Das Recht am eigenen Bild – von Hund bis Haus” zusammengefasst.
© COPYTRACK | Marie Slowioczek-Mannsfeld