Copytrack stellt spektakuläre und außergewöhnliche Fälle zum Thema Urheberrechtsverletzung vor.
Weltweit stellt sich das Gesetz schützend vor die Urheber von Bildern. Und dennoch werden tagtäglich millionenfach Bilder aus dem Netz ohne das Einverständnis der Rechteinhaber genutzt. Dass es sich hierbei für die Betroffenen um alles andere als um Lappalien handelt und wie vielseitig Urheberrechtsverletzungen sein können, zeigen die hier von Copytrack exemplarisch ausgewählten Fälle. Sie sind auf ihre Art und Weise wegweisend oder auch spektakulär und sorgten entsprechend flächendeckend für Schlagzeilen.
1. Höchstes Strafmaß für widerrechtliche Nutzung von Twitter-Bild
Wie mit fremden, über Twitter verbreiteten Bildern umzugehen ist, hat ein US-Bundesgericht klargestellt, als es eine weitreichende Urheberrechtsverletzung verhandelte. Das Gericht stärkte grundsätzlich die Urheberrechte bei Twitter: Demnach ist eine ungefragte Weiterverbreitung eines Bildes innerhalb des Netzwerkes erlaubt, nicht aber dessen kommerzielle Verwertung ohne die Einwilligung des Urhebers. In dem konkreten Fall hatte der Fotojournalist Daniel Morel Bilder von dem Erdbeben in Haiti über Twitter verbreitet. Die Presseagentur AFP griff die Fotos auf und nutzte sie unrechtmäßig weiter. Unter anderem verbreitete sie die Bilder auch über Getty Images, welche allein die Bilder allein 820 an Medien weiterverkauft haben, ohne dass der Fotograf etwas davon hatte. Morel forderte 120 Millionen Dollar Schadensersatz. Das Gericht bestätigte, dass nach amerikanischen Urheberrecht die Bilder unrechtmäßig weiterverwendet worden sind. Getty habe die Copyrightinformationen absichtlich geändert und damit gegen den sogenannten Digital Millennium Copyright Act verstoßen. Getty Images und AFP müssen Morel 1,2 Millionen Dollar zahlen. Das ist das Höchstmaß, das ein US-Gericht in einem solchen Fall vorsieht.
2. Im Vergleich beigelegt: 100-fache Verletzung von Urheberrechten
Dem Wiener Hotel Sofitel ist eine widerrechtliche Bildnutzung außerordentlich teuer zu stehen gekommen. Es hatte dem österreichischen Fotokünstler Klemens Horvath Fotos abgekauft, um diese für definierte Werbezwecke und mit eingeschränkter Nutzungsdauer zu gebrauchen. Dann entdeckte der Fotograf jedoch zufällig eines seiner Fotos in einer Zeitung. Recherchen nach weiteren widerrechtlichen Nutzungen seiner Bilder ergaben folgendes: Seine Fotos wurden international in hundertfacher Ausführung ohne sein Einverständnis verwendet. Nicht nur hatte das Hotel sie über die vertraglichen Vereinbarungen hinaus genutzt, sondern auch Dritten zur Verfügung gestellt. Horvath wurde als Urheber dabei nicht vermerkt. Der hieraus resultierende Rechtsstreit zwischen beiden Parteien konnte schließlich durch einen Vergleich beigelegt werden. Die vereinbarte Höhe ist nicht bekannt, liegt vermutlich aber im sechs- oder sogar siebenstelligen Bereich. Eine Summe die alle ermahnen sollte, sich an vertragliche Vereinbarung bei der Nutzung eines Fotos zu halten.
3. Ungeklärtes Urheberrecht: Affen-Selfie
Der folgende Fall stellte die Gerichte vor die Frage, ob ausschließlich Menschen oder beispielsweise auch Tiere, Pflanzen oder Roboter Urheber von Bildern sein können: Ein Fotograf positionierte in einem Reservat seine Kamera in der Nähe von seltenen Makaken. Ein besonders neugieriger Affe näherte sich dem Fotoapparat und drückte den Auslöser. Bewusst? Freiwillig? Berechnend? In jedem Fall entstand ein Tier-Selfie, das vielfach abgedruckt und genutzt wird. Den Kamerabesitzer, der sich als Urheber versteht, ruinierte der spektakuläre Schnappschuss jedoch. Denn in den USA gilt das Bild als lizenzfrei, da der US Copyright Service keine Bilder registriert, die von Tieren oder Pflanzen gemacht wurden. Zudem verklagte die Tierschutzorganisation Peta den Tierfotografen. Nicht ihm gehörten die Rechte und damit die Einnahmen an dem Selfie, sondern dem Makaken selbst, der als Bildauslöser auch dessen Urheber sei. Der Rechtsstreit, der die Gerichte mit einer gänzlich neuen Situation konfrontierte, endet schließlich mit einem Vergleich. Alle zukünftigen Einnahmen durch das Bild müssen zu 25 Prozent dem Affen bzw. dem Reservat zugutekommen, in dem das Tier lebt. Den Tierfotografen haben zum Zeitpunkt dieser Einigung bereits wohl die Rechtsstreitigkeiten ruiniert.
4. Böswilliges Handeln, Rufschädigung und Bilderklau: Milliardenklage gegen Getty
Weltweit bekannt wurde auch folgender spektakulärer Bilderklau-Fall: Die Fotografin Carol Highsmith übergab ihre Arbeiten der Library of Congress und stellte sie damit allen kostenfrei zur Verfügung. Das Copyright ihrer Bilder liegt aber nach wie vor bei ihr. Die Bildagentur Getty verkaufte aber eben diese Bilder und versendete sogar Abmahnungen an diejenigen, die die Bilder frei nutzen, sprich ohne Nutzungsgebühren an Getty zu entrichten. Auch Highsmith selbst wurde abgemahnt, weil sie eines ihrer eigenen Bilder auf einer Website zeigte. Als Reaktion wehrt sie sich mit einer Milliardenklage gegen die Bildagentur – wegen insgesamt 18755 Verstößen. Getty hatte die Bilder vor Verkauf mit einem eigenen Wasserzeichen versehen. Teilweise fehlte auch die Ausweisung der Urheberin Highsmith oder aber Getty bezeichnete sich selbst als einzigen Copyrightinhaber. Nach dem Digital Millennium Copyright Act darf diese Bildinformation, die im Kleingedruckten oder in den Metadaten des Bildes zu finden ist, aber nicht geändert oder entfernt werden. In die Klagesumme spielte auch rein, dass Highsmith durch das Verhalten von Getty eine Beschädigung ihres Rufes befürchtete und die Agentur böswillig gegen das Gesetz verstoßen habe, da sie nach dem Verfahren gegen einen Fotografen (siehe 1.) eigentlich über Recht und Unrecht in Bezug auf die Änderung von Bildangaben hätte informiert sein müssen. Doch von Highsmith Klage blieb nicht viel übrig, nachdem das Gericht wohl ihre Ansprüche als Urheberin durch die Schenkung der Bilder an die Library of Congress verloren gegangen sah. Die wenigen danach noch verbliebenen Anklagepunkte von Highsmith wurden außergerichtlich geklärt.
5. Durch Bilderklau zum Millionär
Bereits mehrfach zu Rechtsstreitigkeiten und Kontroversen führte folgendes Verhalten eines Künstlers: Richard Prince macht Millionen, indem er Bilder oder Motive abfotografiert und überarbeitet für viel Geld verkauft. Er macht ein Bild zur Vorlage für ein neues Kunstwerk. Auch Bilder aus dem sozialen Netzwerk Instagram nutze er bereits für seine Zwecke, wobei seine Änderung teilweise nur in der Ergänzung von Untertiteln bzw. Text bestand. Prince fragt weder die eigentlichen Bildurheber um Erlaubnis noch setzt er sie über sein Tun in Kenntnis. Die ursprünglichen Rechteinhaber sehen von Prince keinen Cent, er selbst kassiert aber Millionen. Doch bisher war er rechtlich nicht angreifbar. Schließlich ist die Retrografie ein Kunstzweig, der vor allem in den USA rechtlich erlaubt ist. Auch der Fotograf Patrick Cariou klagte gegen Prince und sorgte damit in der Kunstszene für einiges Aufsehen. Viele Fotografen stellten sich auf die Seite von Cariou, die die Rechte von Fotografen als Urheber durch Prince stark beschnitten sehen. Die Kunstwelt unterstützte den Künstler. Prince und Cariou einigten sich schließlich außergerichtlich.
© COPYTRACK | Andrea Feustel