Marc Hayden, Freier Fotograf
Hi Marc,
vor rund 5 Jahren hast Du deinen Job bei Apple an den Nagel gehangen und dich als Fotograf selbstständig gemacht. Seither hast Du Dir mit deinen ganz besonderen Portraits einen Namen in der Branche erarbeitet. Viele Marken und Agenturen wollen mit dir zusammenarbeiten. Und das merkt auch die Instagram-Community – über 130.000 Menschen folgen dir auf Instagram. Wahnsinn.
Doch mal unter uns, wie hat es sich angefühlt, die Sicherheit deines Jobs aufzugeben und sich in das Abenteuer Fotografie zu stürzen?
Es hat mein Leben definitiv komplett verändert. Einerseits war es sehr aufregend und befreiend, etwas Neues zu erleben. Auf der anderen Seite war es aber auch ernüchternd, da das Gehalt aus meinem Vollzeit-Job wegfiel. Nichts lässt einen härter arbeiten, als der Druck, seine Rechnungen zu bezahlen!
Du hast mal gesagt, dass du dich erst aufgrund der Instagram App auf deinem Handy richtig mit der Fotografie auseinandergesetzt hast. Meinst du, du hättest dich auch dann entschieden Fotograf zu werden, wenn es Instagram nicht geben würde?
Hmm... ich denke schon. Ich wollte weg von Apple und brauchte etwas, um meine Kreativität rauszulassen. Ja, ich denke, dass es auch ohne Instagram so gekommen wäre. Ehrlich gesagt, war es eher die Handy-Kamera selbst, die der Auslöser für mich war. Eine gute Kamera immer griffbereit in meiner Hosentasche zu haben, war der Startpunkt meiner Karriere.
Dennoch schien Instagram deine Karriere mit voran getrieben zu haben. Was denkst du, wie wichtig ist Instagram heute noch für dich?
Immer noch sehr wichtig! Aber das möchte ich in Zukunft ändern. Ich werde Instagram immer lieben und nie vergessen, wie meine Karriere dadurch beeinflusst wurde. Aber ich möchte einfach nicht davon abhängig sein. Instagram hat sich sehr verändert. Die Inhalte, der Algorithmus, wie Bilder anzeigt werden. Deshalb möchte ich mich etwas davon freimachen.
Viele deiner Bilder veröffentlichst Du im Internet. Da werden sie mit Sicherheit auch oftmals ohne deine Erlaubnis kopiert und weiterverbreitet oder? Erzähle uns doch mal von deiner bisherigen Erfahrung mit Bilderklau.
Ich glaube, das große Problem ist, dass Leute das Urheberrecht nicht verstehen oder kennen. Ich habe es schon oft erlebt, das namenhafte Agenturen, Künstler-Managements und Andere aus unterschiedlichsten Branchen an der Nutzung meiner Bilder interessiert sind, ohne auch nur einen Schimmer zu haben, wie Bildrecht funktioniert. Viele glauben, dass man Bilder einfach aus dem Internet kopieren und verwenden darf. Ich gebe zu, dass ich mir, bevor ich Fotograf wurde, auch nicht viele Gedanken über Urheberrecht gemacht habe. Das ist ein echtes Problem!
2015 hast du mal gesagt: “Ich gucke mir immer vor dem Shooting die Social Media Profile meiner Models an. Ich will einfach herausfinden, wie das Model tickt und wie ich das bestmögliche Bild bekomme.“ Machst du das heutzutage immer noch?
Ha. Das werde ich immer machen! Ich möchte einfach sehen, was das Model mag und wie es sich selbst sieht. Das hilft mir einfach ungemein. Ich sage mir immer: "Mach' einfach deine Hausaufgaben. Man kann sich nie genug vorbereiten!"
Wenn man sich deine Fotos anguckt, hat man das Gefühl, wirklich die Persönlichkeit des Models zu sehen. Welchen Rat kannst du anderen Fotografen mitgeben, wenn es darum geht, dass sich die Models vor der Kamera wohlfühlen?
Das ist so essentiell beim Fotografieren! Es geht nicht um die Kamera, die Linse oder die Nachbearbeitung…es geht darum, eine Verbindung zu seinem Model herzustellen. Nur dann bekommst du ein gutes Foto. Ich habe schon viele Geschichten über komische Typen hinter der Kamera gehört, bei denen sich die Model unwohl gefühlt haben. Dementsprechend kommen auch schlechte Fotos dabei raus. Models sind auch nur Menschen. Sie haben eine Geschichte zu erzählen. Meiner Meinung nach ist es sehr wichtig herauszubekommen, wen du da gerade fotografierst, bevor du ein gutes Bild schaffen kannst. Aus diesem Grund unterhalten wir uns vor dem Shooting immer erst einmal bei einer guten Tasse Kaffee. Ganz dem Motto: "Sei ein anständiger Mensch. Dein Model wird es dir danken."
Du hast bereits für viele Marken und Kampagnen gearbeitet. Wie schaffst du es dabei, deinen eigenen Stil zu bewahren, wenn dir die Unternehmen vorschreiben, wie du zu fotografieren hast?
Gute Frage! Das war nicht immer leicht - gerade am Anfang der Karriere. Einige haben mich gefragt, ob ich den Stil eines anderen Fotografen imitieren könnte. Das war auf jeden Fall komisch. Der Schlüssel aber ist, sich mit den Leuten hinzusetzen und ihnen zu erklären, was ich mache und was sie von meiner Arbeit erwarten können.
Marc, danke, dass Du uns an deiner Geschichte teilhaben lassen hast. Deine Geschichte zeigt, dass es nie zu spät ist, seinen Traum zu leben. Noch eine letzte Frage: Wenn Zeit, Geld und andere Faktoren keine Rolle spielen würden, wie würde dein absolutes Traumprojekt aussehen?
Model auf der ganzen Welt in ihren Heimatstädten fotografieren! Ich will diese lokale Umgebung und ich will sie jetzt! [lacht]
Mehr zu Marc Hayden findet ihr auf seiner Website oder auf seinem Instagram-Account.
Lust auf noch ein Interview? Jetzt unser Interview “Verträumte Landschaften” mit der Fotografin Leo Thomas lesen!
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